Ein kurzer Blick auf die lange Geschichte der Päonien
Europa
Kaum eine andere Gartenpflanze hat eine so lange, weit zurückreichende Geschichte wie die Päonie, die in China seit über 4000 Jahren kultiviert wird. Es gibt Hunderte von Kulturformen, von denen in Mitteleuropa bisher nur wenige in den Gärten zu finden sind.
In der Antike wurde sie als Medizinalpflanze hoch verehrt. Päon, der Arzt der griechischen Götter - nach ihm wurde die Pflanze in der Antike benannt - heilte mit Päonienwurzeln den von Herakles verwundeten Hades (Gott der Unterwelt). Die Päonie tauchte in den Kräuterbüchern der Antike und des Mittelalters immer wieder auf.
Spätantike oder frühmittelalterliche Darstellung einer Päonie aus einer spätantiken Abschrift des Dioskurides.
Foto: Walter Good
Spätantike oder frühmittelalterliche Darstellung einer Päonie aus einer spätantiken Abschrift des Dioskurides. (Detail)
Foto: Walter Good
Die Benediktiner brachten sie im Frühmittelalter in die Klostergärten der Alpennordseite - der Name Benediktinerrose erinnert noch daran - von wo aus sie rasch den Weg in die Bauerngärten fand.
Eines der schönsten Bilder der Paeonia officinalis finden wir im Altargemälde «Maria im Rosenhag» von Schongauer in der ehemaligen Dominikanerkirche in Colmar.
Der Bildausschnitt zeigt eine offene Päonienblüte mit Rosen- und Päonienlaub.
Der Bildausschnitt zeigt eine Blütenknospe der Päonie mit sehr schönem Laub.
Der Bildausschnitt zeigt das Innere einer Päonienblüte mit zahlreichen Antheren.
Die Päonienblüte stand in der christlichen Symbolik für Reichtum, Heil und Heilung, weibliche Schönheit und galt als «Rose ohne Dorn». Im übrigen wurden im Mittelalter die Päonien oftmals mit ihren reifen Samenständen dargestellt, da wohl die Samen, nicht aber die Blüten eine medizinische Bedeutung hatten. Die mittelalterlichen Ärzte empfahlen die Päonien unter anderem als Mittel gegen Blasenstein, Gelbsucht, Bauchschmerzen, Durchfall, Geburtswehen, Alpträume, Fallsucht (Epilepsie) und Wahnsinn. Verwendet wurden meistens die Wurzeln und Samen der Pflanzen. Die Kräutersammler im Mittelalter mussten ausserdem höllisch aufpassen, dass ihnen beim Ausgraben der Wurzeln kein Specht zuschaute, da diese Vögel ihnen sonst die Augen ausgehackt hätten.
Paeonia officinalis (ca. 1560), Auquarell aus «Historia plantarum» von Conrad Gessner (1516-565). Conrad Gessner konnte sein grosses botanisches Werk nicht mehr vollenden. Die Entwürfe dazu sind heute in der Universitätsbibliothek in Erlangen aufbewahrt. Interessant ist, dass im Mittelalter hautpsächlich Wurzeln und Samen der Päonien in der Medizin verwendet und in den botanischen Werke genauestens dargestellt wurden.
Foto: Bibliothek des Botanischen Gartens Zürich
Im Spätmittelalter entstand die gefüllte, heute in vielen Gärten blühende Form der Paeonia officinalis, die auf zahlreichen holländischen Blumenbildern dargestellt wurde, aber wahrscheinlich eine spätmittelalterliche Hybride ist.
Im 19. Jahrhundert entstanden in Europa nicht nur zahlreiche neue Päoniensorten, die heute noch zu den schönsten zählen, sondern auch viele Päoniengemälde. Bekannt sind die Bilder von Manet, Renoir, Fantin-Latour, Gauguin, Bazille und Delacroix.
Päonien, Auguste Renoir, 1879
China
In China war die Päonie die Blume schlechthin. Seit uralter Zeit als Medizinalpflanze genutzt, gelangte sie sehr früh in die Gärten. Zahlreiche Gedichte, Gemälde und Abbildungen auf Vasen verherrlichen die Schönheit dieser Blume, die sich der Sage nach sogar dem allmächtigen Willen der Kaiserin Wu Zetian aus der Tang -Dynastie widersetzte. Als einzige Blume weigerte sie sich, auf ihren Befehl im Winter zu blühen und wurde dafür zur Strafe aus den Kaiserlichen Gärten verbannt. Der Zorn der exzentrischen Kaiserin ging noch weiter: Sie befahl, alle Päonien in der Hauptstadt zu vernichten. In der Päonie 'Jiu Zui Yang Fei' (Betrunkene Kaiserliche Kokubine Yang) lebt die Konkubine Yang fort, deretwegen der damalige Kaiser seine Regierungspflichten sträflich vernachlässigte.
Päoniendarstellung von Lang Shih-ning (Giuseppe Castiglione, 1688 -1766) aus der Ch'ing-Dynastie. Der italienische Jesuitenpater, Maler und Architekt lebte und arbeitete am Hof des Kaisers Ch'ien Lung, wo er unter anderem dieses Päonienbild malte.
In China, dem wichtigsten Ursprungsland der Päonien, entstand eine Menge herrlicher Darstellungen von der Tang-Dynastie bis zur Gegenwart. Hier eine Abbildung von Chiang T'ing-hsi (1669 - 1732) aus der Zeit der Ch'ing-Dynastie.