Ankunft der Strauchpäonien in Europa
Walter Good
Ende des 18. Jahrhunderts kamen die ersten Strauchpäonien, in China Moutan genannt, nach Europa. Eines der ersten europäischen Zeugnisse über Strauchpäonien stammt von Andreas Cleyer (1634 -1697/1698). Andreas Cleyer war als Arzt für die "Vereenigden Oostindischen Compagnie", vor allem in Batavia (Djakarta) tätig. Hier führte er die Festungsapotheke und erforschte die einheimischen Heilpflanzen, um von den teuren Importen aus Holland unabhängig zu werden. Zweimal, 1682 - 1683 und 1685 - 1686, führte er als Oberkaufmann die Faktorei der "Vereenigden Oostindischen Compagnie" in Nagasaki (Japan). Aus dieser Zeit (1683) stammt sein Brief an den Sebbastian Scheffer, Stadtarzt in Frankfurt a. M. in dem er als erster Europäer blühende Baumpäonien erwähnte. Hier ein kleiner Aussschnitt aus seinem Brief an Sebbastian Scheffer:
Bin auch der gäntzlichen meinung gewesen, das nicht möglich, odersolch gewächß in Europa müste mit gefunden werden, bin aber nun einer ganz anderen meinung, und das quaevis tellus sua profert, dan ich ihn Jappam hab gesehen di schönsten provincien Rosen oder Centifolien von farben, als Roth leib farb, schneweiß auf grossen baümen wachsen im Januario wan es noch sehr kalt ist, aber ohne geruch, auch mancherleÿ art lilien auf höltzernen straüchen, item die Paeonien herlich gefüllt auf Baumgewächs, als ich nimals in Europa hab vernemen können. So ist das Jmpfen beÿ diser nation sothanig bekand, als ich an einem orth jemalen vernemen könen, angesehen ich kleine baüme, di in große töpfe geplantzt waren, und von zwanzig, dreißig, biß vierzigerleÿ arten blumen trugen, das eine lust anzusehen war, und alzumal drauf geimpfet. des gleichen hab ich baüme gesehen, die [p.sieben] nichts dan blumen anstatt der blätter haben, dannoch keine früchte geben, auch im Februario noch in der hefftigen Kält; Item kirschbaüme di nichts dan blumen, aber keine blätter noch früchte geben, ist nur schöne augenlust umb zu sehen. |
Im "The Botanical Magazine; or, Flower-Garden" von William Curtis, einem Botanischen Magazin, das ununterbrochen von 1786 bis 1950 erschien, ist eine der ersten detaillierte europäische Beschreibung einer Strauchpäonien zu finden (1808):
Paeonia Moutan, die Moutan oder Chinesische Baumpäonie
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Chinesische Baumpäonie, publiziert in "The Botanical Magazine; or, Flower-Garden" von Curtis, 1808 Foto: W. Good |
Die Moutan, die in China seit ca. 1400 Jahren kultiviert wird, gilt in diesem alten Kaiserreich seit jeher als die kostbarste Blume, besser als alle neuen importierten Blumen, was auch die hier tätigen Missionare bestätigen. Einige chinesische Autoren scheinen auf Grund der langen und besonderen Kultivierung der Päonien in Luoyang mit seinem besonderen Erdreich und Klima, wo die Moutan eine Höhe von acht bis 10 Fuss erreichen, anzunehmen, dass sich aus den gewöhnlichen Päonien Strauchpäonien entwickelt haben. Andere Autoren wiederum berichten, was glaubwürdiger erscheint, dass die Baumpäonien in den Bergen Nordchinas entdeckt und dann im Süden mit der gleichen Leidenschaft kultiviert wurden, wie die Tulpen in Europa. Dabei entstanden, ebenso wie bei der Tulpenkultivierung in Europa, sehr viele Varietäten, von denen die schönsten und rarsten Exemplare einen Preis von 100 Unzen Gold erzielten. Dabei lehnten die Chinesen im Gegensatz zu den Europäern die variegierten Formen ab, da sie ihnen unnatürlich erschienen. Sie brachten 240 verschiede Varietäten hervor, viele davon von hervorragender Schönheit und köstlichem Duft.
Thunberg, ebenso Loureiro, aber auch Kaempfer, der die Synonyme Saku-Jaku und Botan einführte, entschied, dass diese Pflanze die gleiche Spezies wie die europäische Paeonia officinalis von Linnaeus sei, die gleichermassen in China als Medizinalpflanze kultiviert wird.
Wir vermuten, dass die Paeonia papaveracea von Andrews lediglich eine weiss blühende Varietät der Moutan mit roten Basisflecken ist, und dass die 6 Samenkapseln, die in einer einzigen grossen Kapsel zusammengefasst sind, lediglich eine Abweichung der Natur ist. Wenn diese Struktur der Frucht natürlich sein sollte, wäre es kein artsspezifischer sondern ein gattungsspezifischer Unterschied.
Die Einführung dieser kostbaren Pflanze in unsere Gärten verdanken wird Sir Joseph Banks (1743 - 1820), dem es gelang, mit Hilfe der Britisch Ostindischen Kompagnie die ersten Baumpäonien, in China Moutan genannt, nach England zu bringen. Zahlreiche Pflanzen wurden nach England verschifft, aber die meisten von ihnen überstanden die Reise nicht. Von den seither nach England importierten Pflanzen weisen aber keine bemerkenswert duftende Blüten auf.
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Sir Joseph Banks (1743 - 1820) war von 1778 - 1820 Präsident der Royal Society und führte 1787 die erste Baumpäonie nach England ein, die inn Kew Gardens ausgepflanzt wurde. Foto: W. Good |
In China werden die Moutan durch Samen vermehrt, die einzige Methode um neue Varietäten zu erzeugen. Ebenso werden die Moutan durch Teilung der Wurzeln, durch Ableger oder durch Stecklinge (oder Pfropfen) vermehrt. Ausserdem werden beim Pfropfen oft auf die gleiche Wurzel Augen verschiedener Varietäten aufgepfropft. Vor der Blütezeit entfernt man sehr sorgfältig die Seitenknospen der Hauptknospen. Die verbleibenden Bütenknospen werden vor der glühenden Hitze der Sonne geschützt. Die Moutan müssen in unserem Klima vor zu starker Kälte durch ein Glasdach geschützt werden, um im Frühjahr schön zu blühen. Die schönste Pflanze, die wir gesehen haben und die wir auch abgebildet haben, steht im Garten von Mr. Greville in Paddington. Über ihr erhebt sich ein Glashaus ohne Rauchabzug. Diese Pflanze bringt eine verschwenderische Fülle von Blüten hervor. Sie wird nicht allzu hoch, ist aber schön breit gewachsen und breitet sich kreisförmig aus. Ihr Umfang beträgt etwa neun Yard.
Die Blütezeit ist im Mai und Juni. Manchmal bildet sie im September und Oktober Samen. Eingeführt wurde die Pflanze 1794.